„Immer noch bildet die Bundeswehr saudische Soldaten aus“
Frankfurter Neue Presse: „Ob Deutschland nun seine harte Linie durchhält, wenn die Erinnerung an Khashoggi verblasst, wird sich zeigen. Ein ‘klares Zeichen setzen’, wie es Sigmar Gabriel nannte, bedeutet leider oft: Danach geht die Politik schnell wieder zur Tagesordnung über.
Immer noch und vermutlich auch weiterhin bildet die Bundeswehr saudische Soldaten aus. Und schon gestern kündigte Siemens-Chef Joe Kaeser an, er wolle zu einer Konferenz nach Saudi-Arabien reisen. Getreu dem Motto: Erst kommt die Wirtschaft, dann die Moral.“
„Weitere Sanktionen werden folgen müssen“
Süddeutsche Zeitung (München): „Wer immer das Todesurteil über den saudischen Journalisten Jamal Khashoggi gesprochen hat, handelte aus (…) der Überzeugung, über Recht und Gesetz zu stehen. Sollte es sich dabei um Kronprinz Mohammed bin Salman gehandelt haben, so hatte er mit dieser Annahme insofern recht, als er keine heimische Justiz zu fürchten braucht.
Daran ändern die nun von Deutschland verhängten Einreisesperren und Lieferverbote für Waffen nichts. Sie sind (…) vor allem ein Mittel der Symbolpolitik. Sie senden ein notwendiges, wenn auch bescheidenes Signal der Missbilligung nach Riad.
Wirklich zu spüren bekommt das Regime eher den kompletten Exportstopp für Rüstungsgüter. (…) Weitere Sanktionen werden (…) folgen müssen. Gerade weil der Mord an Jamal Khashoggi im rechtsstaatlichen Sinne kaum gesühnt werden dürfte, stehen demokratische Rechtsstaaten in der Pflicht.“
„Kronprinz bin Salman von den Einreiseverboten auszunehmen, wirkt halbherzig“
Oberhessische Presse (Marburg): „Immer wenn in den zurückliegenden Wochen und Monaten die Rede davon war, dass Saudi-Arabien direkt in den Krieg im Jemen involviert ist, zierte sich die Bundesregierung eher, als sofort die Reißleine zu ziehen.
Das tat sie jetzt – jedoch nicht wegen der Causa Jemen, sondern wegen der Tötung Jamal Khashoggis . Man muss das nicht unbedingt bewerten, denn nach gegenwärtigem Kenntnisstand trägt Riad die volle Verantwortung für den Tod des Journalisten.
Mithin ist die Entscheidung in jedem Fall richtig – richtiger und nachvollziehbarer, als Einreiseverbote gegen 18 Personen aus Saudi-Arabien zu verhängen, Kronprinz Mohammed bin Salman davon allerdings ausdrücklich auszunehmen. Das wirkt halbherzig – genauso wie es halbherzig wirkt, nicht zu kommunizieren, wie lange der Exportstopp für Waffen aufrechterhalten werden soll beziehungsweise an welche Bedingungen eine Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen auf dem Rüstungsgütersektor geknüpft wäre.
„Ein Zeichen ist gesetzt, dass Untaten Folgen haben“
Badische Zeitung (Freiburg): „Vor allem der wegen der saudischen Kriegsbeteiligung im Jemen längst überfällige Stopp aller Rüstungsexporte aber ist mehr als eine Geste.
Ja, die Saudis können Waffen auch anderswo kaufen und ein paar hundert deutsche Arbeitsplätze sind bedroht. Und ja, man wird mit der Regionalmacht Saudi-Arabien auch künftig reden müssen, egal wer dort regiert. Aber ein Zeichen ist gesetzt, dass Untaten Folgen haben.“
„Realpolitik ist oft ein schmutziges Geschäft“
Allgemeine Zeitung (Mainz): „Deutschland verhängt Einreiseverbote gegen verdächtige saudische Staatsangehörige und will Waffenexporte stoppen, angeblich alle. Gut. Siemens-Chef Kaeser verkündet derweil seine Teilnahme an einer Konferenz in Saudi-Arabien: Man müsse den Dialog auch in schwierigen Zeiten pflegen.
Kaeser hat nicht einmal Unrecht. Realpolitik ist oft ein schmutziges Geschäft. Oft läuft es schlicht auf diese Frage hinaus: Wiegen Arbeitsplätze im Waffenexportland schwerer als Menschenrechte im Waffenimportland? Und: Ist kontrollierbar, wie exportierte Waffen zum Einsatz kommen?
Bedrückende Fragen, auf die es oft keine Antwort gibt. Alle verantwortungsbewussten Regierungen müssen ihren inneren Kompass finden in dieser Problematik, und sie dürfen sich von niemandem erpressen lassen.“
„Der Jemen-Krieg wäre ein Grund gegen Waffenlieferungen gewesen – Khashoggi nicht“
Westfalen-Blatt (Bielefeld): „ (…) Der Jemen-Krieg wäre ein Grund gewesen, Waffenlieferungen an die Saudis zu überdenken. Der Fall Khashoggi ist es nicht. Wenn die Bundesregierung wegen des mysteriösen Todes eines Mannes, der als Journalist firmierte, aber eher ein Aktivist der islamistischen Muslimbrüder war, 300 Werft-Arbeitsplätze im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern riskiert, dann handelt sie falsch. Die Entscheidung muss zurückgenommen werden.“
Im Video: Polens Botschafter brüskiert Außenminister Maas öffentlich
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