Gas-Allianz mit Erdogan: Ziel ist Österreich: Wie Putin mit der Turkish-Stream-Pipeline die EU angreift
South Stream ist tot, doch jetzt lebt Turkish Stream: Am Montag haben Russland und die Türkei den Abschluss der Arbeiten an einem wichtigen Bauabschnitt der Gaspipeline durch das Schwarze Meer gefeiert.
Sogar die Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan nahmen an den Festlichkeiten teil.
Tatsächlich ist das Projekt für beide Staaten mehr als nur ein Prestigeerfolg. Nachdem die EU 2014 den Bau der Gaspipeline South Stream von Russland durch das Schwarze Meer in die EU verhindert hatte, suchte sich Putin mit der Türkei einen neuen Partner. Nun ist die Alternative zu South Stream fast fertiggestellt: Etwa 1800 Kilometer Gasröhren wurden in den vergangenen Monaten auf dem Grund des Schwarzen Meeres verlegt.
Gas-Pipeline erreicht Küste an Grenze zur EU
Noch im nächsten Jahr will Präsident Wladimir Putin seinem Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan eine erste Lieferung durch die Turkish-Stream-Pipeline schicken. Doch langfristig ist die Türkei vor allem als Zwischenstation gedacht. „Mindestens die Hälfte“ der Gaslieferungen werde an Abnehmer in Europa gehen, sagte Erdogan anlässlich der Fertigstellungsfeier. Über Bulgarien, Serbien und Ungarn bis nach Österreich möchte Russland Gas liefern. Genau so, wie es einst mit South Stream vorgesehen war. Jetzt eben durch die Hintertür.
Das zeigt sich auch an der Wahl der Stelle, an der die Pipeline das türkische Festland erreichen wird: Nicht etwa an der Russland am nächsten gelegenen Küste nordöstlich von Ankara, sondern auf dem europäischen Teil der Türkei nordwestlich von Istanbul. Von dort sind es weniger als 50 Kilometer bis nach Bulgarien und damit zur Grenze der EU.
Russland hofft auf engere Verbindungen zu Osteuropa
Putins Ambitionen sind offenkundig: Während in Mitteleuropa finanzkräftige Gas-Abnehmer sitzen, kämpft Russland in Ost- und Südosteuropa mit EU und Nato beständig um Einfluss. Das Projekt Turkish Stream wird Russlands traditionell enge Verbindungen zu slawischen Ländern in Europa ausbauen und stärken.
Mit Serbien könnte schon im Januar, bei einem Besuch Putins in Belgrad, ein entsprechendes Memorandum unterzeichnet werden, erklärte Russlands Vizepremier Juri Borisow. Auch Ungarn sei sehr interessiert an russischem Gast aus der südlichen Pipeline, betonte Ungarns Premierminister Viktor Orban im September.
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Türkei wird zur „bedeutenden europäischen Drehscheibe“
Natürlich bekommt auch Erdogan ein Stück vom Kuchen ab: Zunächst hofft die türkische Regierung, mit Turkish Stream die drastisch gestiegenen Kosten für Energieeinfuhren in den Griff zu bekommen: 2017 importierte das Land Gas im Wert von 37 Milliarden Dollar.
Erdogan selbst erklärte, die Türkei werde fähig sein, „sowohl ihren eigenen Bedarf an Erdgas als auch den von europäischen Ländern zu decken, ohne Transitrisiken ausgesetzt zu sein“.
Die Türkei entwickele sich durch den Abzweig von Turkish Stream nach Südost-Europa zu einer „bedeutenden europäischen Drehscheibe“ im Gasgeschäft, bestätigte Putin.
Durch Pipeline fließen bis zu 31,5 Milliarden Kubikmeter Gas
Dafür ist allerdings die geplante Erweiterung um zwei weitere Röhren notwendig. Denn die Türkei alleine verschlang im vergangenen Jahr 50 Milliarden Kubikmeter Gas. Die beiden vor der Fertigstellung stehenden Röhrenstränge von Turk Stream haben eine Kapazität von jährlich bis zu 31,5 Milliarden Kubikmeter Gas.
Probleme könnten außerdem die USA bereiten. Diese befinden sich beim Thema Gaslieferungen mit Russland und der EU im Dauerstreit. Sie wünschen sich, dass Europa künftig verstärkt auf US-Flüssiggas setzt. Eine weitere Groß-Pipeline aus Russland im Süden Europas signalisiert genau das Gegenteil.
Bauarbeiten begannen erst vor 1,5 Jahren
Turkish Stream führt nach vollständiger Fertigstellung von der Nähe des russischen Küstenorts Anapa durch das Schwarze Meer bis zur türkischen Küste rund 100 Kilometer westlich von Istanbul. Die Pipeline wird von dort aus an ein schon existierendes Netz angeschlossen und führt damit bis an die griechische Grenze. Der Teil der Leitung, der durchs Schwarze Meer führt, ist laut Erdogan bereits abgeschlossen. Baubeginn war im Mai 2017.
Der Beschluss zum Bau von Turkish Stream war im Oktober 2016 ein wichtiger Teil der Wiederannäherung zwischen Russland und der Türkei gewesen. Vorher hatte Moskau die Beziehungen über Monate eingefroren, weil die türkische Luftwaffe Ende 2015 einen russischen Jet im Grenzgebiet zu Syrien abgeschossen hatte.
Dessen ungeachtet blieb die Türkei stets einer der größten Abnehmer für russisches Gas. Bereits seit 2003 wird es über die Pipeline Blue Stream geliefert. Auch diese Verbindung führt durchs Schwarze Meer und erreicht am Schwarzmeerort Samsun die türkische Küste.
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