„Es war Mord! Sie haben den Tod meines Vaters billigend in Kauf genommen“, sagt Maximilian Warshitsky. Der Jeep seines Vaters war bei einem illegalen Rennen 2016 von einem der Raser erfasst und durch die Luft geschleudert worden. Die Fahrer hatten elf rote Ampeln überfahren und hatten zeitweise bis zu Tempo 170 auf dem Tacho. Nach dem Aufprall wirbelte der Jeep 72 Meter durch die Luft. Der 37-Jährige verfolgt den Prozess als Nebenkläger und sagt: „Die Täter waren völlig gleichgültig und ignorant. Vielleicht liegt es an der Erziehung. Keiner aus der Familie hat versucht, Kontakt zu mir aufzunehmen.“
Autofahrer als Mörder
Der spektakuläre Berliner Raser-Prozess wurde gerade eben wieder aufgenommen. Bei einem nächtlichen Rennen zweier junger Männer auf dem Kurfürstendamm war Maximilian Warshitskys Vater getötet worden. Das Landgericht Berlin verurteilte die beiden Männer wegen Mordes. Der Bundesgerichtshof hielt die Urteilsbegründung jedoch für unzureichend und hob das Urteil wieder auf. „Beide waren nur auf den Kick aus und hatten Spaß“, sagt Maximilian Warshitsky. „Mir kommt das Ganze immer wieder hoch.“ Sandra Maischberger lässt an diesem Abend diskutieren, ob dieser tödliche Unfall wirklich juristisch gesehen ein Mord war. Die Kritiker des nun kassierten Urteils meinen jedoch, dass man nicht alle Autofahrer zu Mördern machen dürfe. Sonst nämlich wäre in Zukunft jede fahrlässige Tötung im Straßenverkehr sogleich ein versuchter Mord.
Mehr Überwachung
„Bei dieser Gruppe helfen keine Aufklärung, sondern nur Kontrollen und Fahrzeugentzug. Rennfahrer in der Innenstadt und auf Autobahnen suchen den maximalen Kick und blenden alle Risiken für sich und andere aus“, erklärt Verkehrspsychologin Ute Hammer deren Verhalten. „Raser spüren Überlegenheit und Macht, die sie sonst nicht erfahren. Dazu kommen der Adrenalin-Kick und die Erkenntnis, dass sie damit durchkommen.“ Die Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrssicherheitsrats beobachtet zudem auch eine allgemeine Zunahme von Stress und Aggression im Verkehrsalltag. Der Platz in der Stadt und auf den Straßen werde knapper, immer mehr Fahrzeuge drängten aufeinander. „Der Mensch ist nicht dazu gemacht, dass man ihm in die Hacken fährt. Wir brauchen mehr Überwachung durch die Polizei und eine bessere Ausstattung der Polizisten.“
Kein Respekt vor der Polizei
Alle Verbote und härteren Urteile brächten in der Raser-Szene kein Umdenken, weiß Ex-Raser Nico Klassen aus Erfahrung. Selbst das sofortige Verschrotten der benutzten Autos würde da wenig bringen. Zumal viele Fahrzeuge ohnehin nur geliehen sind. „Rasen ist eine Sucht. Du kommst in eine Art Rauschzustand und siehst nur noch 20 Meter weit.“ In seiner Jugend nahm der gelernte Kfz-Mechaniker selbst an solchen illegalen Autorennen im Ruhrgebiet teil – bis der tödliche Unfall eines Freundes seine Sucht beendete. Heute organisiert der 38-Jährige legale Autorennen, hat aber noch Kontakte in die illegale Szene: „Die Raser radikalisieren sich. Sie haben überhaupt keinen Respekt mehr vor der Polizei.“.
Generelles Tempolimit
Um die Zahl der Unfälle in Deutschland zu verringern, fordert der Leiter der Verkehrspolizeiinspektion im bayerischen Feucht, Stefan Pfeiffer, ein generelles Tempolimit auf den Autobahnen. Die Differenzgeschwindigkeit würde gesenkt und die Zahl der Schwerverletzten und Toten reduziert. Schnellfahrer unterschätzten heutzutage oft die Gefahren, weil wir Fehler verzeihende Straßen hätten, eine starke Motorisierung, die der Fahrer im Inneren des Fahrzeugs kaum noch wahrnehme, und eine sehr kurze Rettungskette. „Viele Raser fühlen sich auch noch im Recht, weil wir in Deutschland schnell fahren dürfen und das wollen sie dann auch.“ Die Verkehrsteilnehmer, so Pfeiffer, reagierten nur noch auf Strafen. Deshalb ist er dafür, dass Geldbußen bei Verkehrsverstößen noch teurer werden. „Schließlich kommen auf deutschen Autobahnen jährlich 400 Menschen ums Leben.“
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