Der Textilriese Kik muss nach dem Fabrikbrand in Pakistan vorerst kein Schmerzensgeld zahlen. Zu diesem Beschluss kam das Landgericht Dortmund. Zuvor hatten vier Betroffene gegen Kik geklagt. Demnach soll der Discounter für den mangelnden Brandschutz mitverantwortlich gewesen sein. Obwohl es sich bei Kik um ein deutsches Unternehmen handelt, wurde nach pakistanischem Recht entschieden.
Ansprüche bereits verjährt
Ein vom Gericht beauftragter Rechtsprofessor aus Großbritannien kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Ansprüche der Kläger nach pakistanischem Recht bereits verjährt seien und ihre Klage „zwingend“ abgewiesen werden müsse. Die Klage ging rund zweieinhalb Jahre nach dem Brand beim Dortmunder Landgericht ein. Die Verjährungsfrist beträgt nur zwei Jahre.
Vor der Klage hatte Kik sogar einem Verjährungsverzicht zugestimmt, diesen aber zwei Jahre nach Einreichung der Klage für unwirksam erklärt. Laut den Dortmunder Richtern sei ein solcher Verzicht „grundsätzlich unzulässig“.
„Kik hat sich in die Verjährung geflüchtet“
Remo Klinger, der die Kläger vor Gericht vertrat, wittert Taktik dahinter. „Kik hat sich in die Verjährung geflüchtet und damit verhindert, dass das Gericht die Sachfragen sowie wichtige Fragen der Haftungspflicht deutscher Unternehmen klärt“, so der Rechtsanwalt. „Als Hauptkunde der Fabrik war Kik nicht bloßer Abnehmer, sondern der Boss und damit mitverantwortlich für den mangelnden Brandschutz“, sagte Klinger weiter.
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Sobald die schriftliche Urteilsbegründung ausgewertet ist, wollen die Kläger entscheiden, ob sie in Berufung gehen. Für sie ist aber schon jetzt ein entscheidender Schritt gemacht. „Kik hat sich der rechtlichen Verantwortung für den Tod von 258 Menschen entzogen. Aber immerhin hat sich ein Gericht in Deutschland mit dem Fall beschäftigt“, so Klägerin Saeeda Khatoon.
Klage ist ein wichtiges Ausrufezeichen
Ein solches Verfahren hatte es zuvor in Deutschland noch nicht gegeben. Die Klage soll transnationale Unternehmen aller Branchen dazu appellieren, Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in Tochter- und Zulieferbetrieben im Ausland zu übernehmen.
Auch für Miriam Saage-Maaß vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ist die Klage ein wichtiges Ausrufezeichen: „Deutsche Unternehmen aller Branchen haben die Klage gegen Kik genau verfolgt. Rechtsexperten in Deutschland, Großbritannien und der Schweiz griffen die Argumentation auf. Allen ist klar: Das aktuelle Recht wird der globalisierten Wirtschaft nicht gerecht.“ Das ECCHR hatte die Klage angestoßen.
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Thomas Seibert von der Hilfsorganisation Medico International geht noch einen Schritt weiter: „Um die Menschen- und Arbeitsrechte durchzusetzen, reichen freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen nicht. Die Politik muss Gesetze für eine echte Unternehmenshaftung schaffen.“
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