Nach schwerwiegenden Vorwürfen angeblicher krimineller Geschäfte in Singapur stellt der Zahldienstleister Wirecard dies als Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern dar.
In einer Telefonschalte mit Analysten und Journalisten sagten Vorstandschef Markus Braun und Finanzvorstand Alexander von Knoop, die Vorwürfe stammten von einem Kollegen des betreffenden Managers – sowohl die interne als auch die externe Untersuchung durch eine Anwaltskanzlei in Singapur hätten nichts ergeben.
«Dieses ganze Ereignis ist ein Nicht-Ereignis», sagte Braun. Die Untersuchung durch die Anwälte sei kurz vor dem Abschluss. «Wir erwarten nicht, dass irgendwelche materiellen Dinge bei dem Prozess herauskommen.»
Die PR-Offensive hatte Erfolg: Die Aktie schoss an der Frankfurter Börse ebenso schnell nach oben, wie sie in den Vortagen an Wert verloren hatte.
Am frühen Nachmittag hatte das Papier über 20 Prozent gewonnen. Die britische «Financial Times» hatte Wirecard in der vergangenen Woche mit zwei Berichten in Bedrängnis gebracht, der Aktienkurs war zeitweise um mehr als ein Drittel eingebrochen.
Die Zeitung hatte einem Wirecard-Mitarbeiter in Singapur vorgeworfen, Konten und Dokumente manipuliert beziehungsweise gefälscht zu haben. Laut Wirecard ging es dabei unter anderem um Umsätze von insgesamt 6,9 Millionen Euro. Die interne Finanzkontrolle habe im Frühjahr 2018 die Singapurer Kanzlei Rajah & Tann eingeschaltet.
Laut Vorstandschef hat sich jedoch der größte Teil der Vorwürfe quasi in Luft aufgelöst: Die Prüfer hätten für die angeblichen Manipulationen gar keine entsprechenden Kontenbewegungen gefunden.
Laut Wirecard beruhten die Berichte der Zeitung nicht auf dem Ergebnis der Untersuchung sondern auf «einer Zusammenfassung der Vorwürfe, bevor Rajah und Tann von uns mandatiert wurde», wie Braun sagte.
Auf der Firmenwebseite veröffentlichte Wirecard eine kurze Stellungnahme der Kanzlei, derzufolge die Untersuchung bislang «keinen schlüssigen Belege kriminellen Fehlverhaltens seitens irgendeines Funktionsträgers oder Angestellten des Unternehmens» erbracht hat. Wirecard habe jedoch «standardmäßig» die Finanzaufsicht in Singapur und Deutschland informiert, sagte Braun.
Die Finanzaufsicht Bafin überprüft den Fall seit vergangener Woche auf Marktmanipulation – derart kräftige Kursturbulenzen sind vor allem bei Mitgliedern im Leitindex Dax ungewöhnlich. Für die Vorgänge interessieren sich auch Singapurer Ermittler: «Wir schauen uns den Sachverhalt an», erklärte ein Polizeisprecher in dem südostasiatischen Inselstaat.
Vorstandschef Braun ist mit gut 7 Prozent größter Aktionär des Unternehmens, seit Dienstagabend war der Wert seines Aktienpakets vorübergehend um eine halbe Milliarde Euro gesunken.
Gegen Wirecard sind in der Vergangenheit mehrmals Vorwürfe fragwürdiger Geschäftspraktiken laut geworden, die jedoch nie belegt wurden. Stattdessen wurde das Unternehmen selbst Opfer von Spekulanten. Aufsehen erregte vor allem ein im Februar 2016 lanciertes Papier eines selbst ernannten Recherchedienstes, das vor Vorwürfen rund um fragwürdige Geschäftspraktiken nur so wimmelte.
Die Staatsanwaltschaft München ermittelte langwierig, gegen einen maßgeblich Beteiligten ist laut Staatsanwaltschaft ein Strafbefehl beantragt. Hinter dem «Zatarra»-Bericht steckte demnach eine spekulative Attacke, die das Ziel hatte, mit fallenden Aktienkursen Geld zu verdienen.
Wirecard ist erst im September in den deutschen Leitindex Dax aufgenommen worden. Nach Jahren kräftigem Wachstum und Zukäufen vor allem in Asien war das Unternehmen, das mit der Abwicklung von Onlinezahlungen sein Geld verdient, beim Börsenwert an den größten deutschen Banken, der Deutschen Bank und der Commerzbank, vorbeigezogen.
Wirecard verdient sein Geld mit der Abwicklung elektronischer Zahlungsvorgänge, das Unternehmen kooperiert unter anderem mit Google, Apple, dem chinesischen IT-Konzern Alibaba und der Kreditkartenfirma Visa. Analysten hatten in der Vergangenheit auch die Transparenz des Unternehmens bei den Geldflüssen bemängelt, bis Wirecard sich hier tiefer in die Bücher schauen ließ.
In den vergangenen Jahren ist Wirecard auch durch Übernahmen in Asien stark gewachsen. Das Unternehmen zählte zuletzt 40 000 größere und mittlere Händler zu seinen Kunden, bei kleinen Händlern sind es gar 225 000.
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