Mit der Baureihe W 110 brachte Mercedes ein wenig Hollywoodflair nach Deutschland. Die opulenten Formen orientierten sich an amerikanischen Straßenkreuzern – allerdings in Maßen.
Die daimlersche Heckflosse war kaum mehr als ein Heckflösschen. Neben der üppigen Sinnlichkeit eine eines Chevrolet Bel Air oder eines Plymouth Belvedere wirkt die bundesdeutsche Variante doch wie ein Mauerblümchen. Die W 110 fuhr dann auch keine “Sex-Göttinnen” wie Jayne Mansfield oder Anita Ekberg in der großen Welt spazieren, der W 110 machte sich als unverwüstliches Taxi einen Namen.
Leistung war Nebensache. Für die Versionen 190 D und 200 D passte der Begriff “Wanderdünen” – mit 55 PS konnte man auch schon damals keinen Kavalierstart hinlegen. Im kollektiven Gedächtnis wurde der Schwaben-Straßenkreuzer nach 1968 schnell vom übermächtigen Strich-Achter verdrängt, der in jeder Beziehung ein zukunftsweisender Entwurf war. Und auf seine Art die Zeit der 60er und 70er genial interpretierte. Quasi über Nacht sah der Pseudo-Hollywoodlook des W 110 ganz alt aus. Immerhin war der W 110er eines der ersten Fahrzeuge mit verstärkter Fahrgastzelle und Knautschzonen. Sicherheit wurde großgeschrieben.
Mercedes 230 in den USA erfolgreich
Der Mercedes 230 wurde sogar in den USA ein Erfolg, angetrieben wurde er dort allerdings vom Reihensechszylinder des Typs M180, der immerhin 120 PS leistet und den Viertürer auf bis zu 175 km/h beschleunigt. Damals kostete der Benz 4500 Dollar. Eine gewagte Preisidee, denn das war deutlich teurer als die meisten US-Modelle. Dafür gab es beim Auto made in Germany geringere Leistungsdaten und weniger Komfortfeatures. Der liebevolle US-Spitzname lautete Minnie Finnie. Auch heute noch hält der Schwabe im kalifornischen Alltagsverkehr locker mit. In den USA gab es sogar eine optionale Klimaanlage. Dafür ist die Instrumentierung ziemlich überschaubar. Neben dem Balkentachometer gibt es noch Anzeigen für Temperatur, Tank und Öldruck – das war es.
Auf dem Klassikmarkt sind gute Modelle der Baureihe W 110 selten, aber nicht übermäßig teuer. Ein Fahrzeug mit belegter Historie und einem vernünftigen technischen wie optischen Zustand kostet rund 15.000 Euro.
Die Reihensechszylinder mit 105 und 120 PS sind gefragter als die lahmen Diesel. Dennoch gibt es sie noch für unter 20.000-Euro-Marke. Für einen Klassiker mit Langstreckenkomfort und Alltagstauglichkeit ist das ein faires Angebot.
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