Marco Reus hat ja recht: Das Westfalenstadion hat schon einige Spiele erlebt, die Geschichte geschrieben haben. Vor allem in der Champions League. Im Viertelfinale 2012/13 zum Beispiel ging der FC Malaga kurz vor Schluss in Führung, das Rückspiel schien entschieden. Am Ende schoss der BVB in der Nachspielzeit zwei Tore und zog ins Halbfinale ein.
Heute
gegen Tottenham Hotspur müssten fürs Viertelfinale nicht nur drei Tore her.
Zuerst muss Dortmund die größte Schwächephase seit dem Sommer überwinden. Ein
Sieg in sieben Pflichtspielen: Das ist die bittere Wahrheit. Mit
einem Kraftakt könnte die Mannschaft ein Spiel hinlegen, wie
man es in der Gruppenphase beim 4:0 gegen Atletico Madrid getan hat.
Doch,
ganz ehrlich: Viel wichtiger als das Heimspiel heute Abend gegen Tottenham
Hotspur ist das Heimspiel am Samstagnachmittag gegen den VfB Stuttgart. In der
Champions League dürfen die Dortmunder träumen. In der Bundesliga steht nicht
weniger als der gute Ruf auf dem Spiel. Wer neun
Punkte Vorsprung verspielt, setzt sich nicht nur breitem Spott aus.
Der Verlust der Tabellenführung an Rekordmeister Bayern München käme einem Offenbarungseid gleich. Seit Matthias Sammer beim 1:2 in Augsburg öffentlich Professionalität und Krisenmanagement in der Mannschaft infrage gestellt hat, werden die Verantwortlichen nicht mit dem Verweis auf das Durchschnittsalter der Spieler davonkommen.
Es
geht um Siegermentalität im Verein. Die Favre-Mannschaft war nicht in der Lage,
gegen die Abstiegskandidaten Nürnberg und Augsburg in der zu erwartenden Höhe
zu punkten. Ein Punkt von sechs möglichen, dazu die
Pleite von Düsseldorf im alten Jahr: Die Dellen sind mit Fahrlässigkeit oder
Leichtsinn nur teilweise zu erklären.
Weichgespülter BVB? Von Favre kommt zu wenig
Trainer
Lucien Favre sollte nicht seinen Fehler wiederholen, Gegner wie den VfB
Stuttgart zur Übermacht zu erheben und eine Warnung auszusprechen. Wer Meister
werden will, muss die Stuttgarter aus dem Stadion schießen.
Auch nach deren 5:1 gegen Hannover. Dass die scheinbar simplen Siege in der
Bundesliga gelingen, dafür wird Favre in Dortmund fürstlich bezahlt.
In der Champions League ist das Ausscheiden gegen Tottenham seit jenem 0:3 im Hinspiel längst eingepreist. Niemand erwartet, dass die Sensation tatsächlich gelingt. Aber in der Bundesliga gibt es genügend Gelegenheiten, dass Favre die richtigen Antworten auf die Krisenmomente findet und kein Ablenkungsmanöver nach dem anderen fährt.
Von
Sammer kam schon ein konkreter Vorschlag: Borussia Dortmund sollte individuelle
Defizite in
aller Entschiedenheit ansprechen und nicht jede Diskussion aus
falscher Rücksichtnahme weichspülen; er will die leistungshemmende
Kuschel-Atmosphäre beim BVB beendet wissen. Von Favre kam bisher – zumindest in
der Öffentlichkeit – wenig.
Dabei
wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, Signale in Richtung München zu senden. Wenn
nicht in Worten, so doch in Taten. Das dickere Kapitel
im Geschichtsbuch des BVB bekäme Favre eh mit der neunten Meisterschaft und
nicht unbedingt mit einem krachenden 2:1, das heute Abend gegen Tottenham nicht
zum Weiterkommen reicht.
Im Video: BVB-Trainer Lucien Favre redet Sammer-Kritik klein
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