Er kommt früher nach München: Hernández: Der Rekordmann des FC Bayern hat zwei Gesichter – auf und neben dem Platz
80 Millionen Euro Ablöse, 13 Millionen Euro Gehalt für jedes der sechs vereinbarten Vertragsjahre – wer ist dieser Lucas Hernández, den sich der FC Bayern geangelt hat? Er ist ein Mann der Besonderheiten, sowohl auf als auch neben dem Platz. Auffällig ist beim 23-Jährigen aber vor allem, dass er zwei Gesichter hat.
Mit 23 Jahren ist Lucas Hernández Weltmeister, Europa-League-Sieger und Gewinner des UEFA Supercups. Nationale Titel fehlen dem Franzosen noch, doch dieses Manko wird er beim FC Bayern schnell behoben haben. Klar ist aber auch: Der Rekordtransfer der Bundesliga soll die Münchner mit Blick auf die Defensive wieder auf Augenhöhe mit der europäischen Elite bringen.
Erst vor ziemlich genau drei Jahren gelang ihm bei Atlético Madrid der Durchbruch als Fußball-Profi. Als er elf Jahre alt war, schloss er sich den Rojiblancos an, durchlief von diesem Zeitpunkt an gemeinsam mit seinem Bruder Theo alles Altersstufen bei den Madrilenen. Nach 110 Pflichtspielen mit einem Tor und vier Vorlagen, sowie 20 gelber Karten und einem Platzverweise verlässt er die spanische Hauptstadt in Richtung München.
Aber warum denn Spanien, er ist doch Franzose? Geboren wurde Lucas Hernández in Marseille, er lebte aber ab seinem fünften Lebensjahr in Spanien. “Immer wenn ich Französisch spreche, denke ich die Worte in meinem Kopf vorher auf Spanisch und übersetze das dann”, sagte er einmal. Er und Theo, mittlerweile bei Real Madrid unter Vertrag und zu San Sebastián ausgeliehen, sind die Kinder des Ex-Atlético-Spielers Jean-François Hernández.
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So resolut Lucas Hernández auf dem Platz zu Werke geht, so treibt er auch seine Karriere voran. Das lässt sich an zwei Begebenheiten ablesen.
Hernández: Spanien oder Frankreich? Die erste Nominierung entschied
Erstens: Das Thema Nationalmannschaft. “Spanien hat mir alles gegeben”, sagte er einmal. “Aber Frankreich ist in meinem Herzen, denn das ist die Heimat meiner Familie.” Und weiter: “Wenn mein spanischer Pass bald da ist, wäre es eine Ehre, für die Nationalmannschaft zu spielen. Ich sehe mich als Spanier.” Einen Anruf des damaligen spanischen Nationaltrainers erhielt er aber nie.
Stattdessen meldete sich Didier Deschamps wenige Tage später bei ihm, seines Zeichens Nationaltrainer Frankreichs. Als dieser ihn anrief, so Hernández, “musste ich keine Minute überlegen. Nicht mal 30 Sekunden. Ich habe sofort ja gesagt und werde dieses Trikot bis zu meinem Tod verteidigen.” Der Defensiv-Spezialist mit dem beeindruckenden Tempo nahm die zuerst abgegebene Einladung an, Hauptsache Nationalspieler.
Hernández: Sportlicher, aber kein menschlicher Verlust für Atlético
Zweitens: Der Abschied von Atlético Madrid. Hernández bezeichnete diesen Schritt als “die schwierigste und wichtigste Entscheidung, die ich in meiner sportlichen Karriere treffen musste. Atlético bedeutet mir sehr viel, denn hier bin ich als Fußballer und als Mensch groß geworden und der Spieler geworden, der ich heute bin. Es hat mich viel gekostet, ‘Nein’ zu Atlético zu sagen, aber ich entscheide mich für eine neue Herausforderung beim FC Bayern München.” Er bedankte sich “bei Atlético, Managern, Trainern, Teamkollegen und Fans für diese zwölf unglaublichen und unvergesslichen Jahre, in denen ich Teil des Klubs war. Atlético wird immer in meinem Herzen sein.”
Ein bitterer Nachgeschmack bleibt aber in Madrid haften, denn seinen ach so geliebten Jugendklub hätte er am liebsten schon im Winter verlassen, als Atlético das Achtelfinale der Champions League gegen Juventus und das mögliche Finale im eigenen Stadion noch vor sich hatte. Er hätte da schon lieber mit dem FC Bayern gegen Liverpool gespielt.
Hernández: “Auf dem Feld gibt es keine Träume, da ist Krieg”
“Lucas ging im Januar, obwohl er bis heute nicht den Mut hatte, das zu sagen”, titelte die spanische Zeitung “El Mundo”. “Er ging in dem Moment, in dem er entschied, Bayerns Angebot anzunehmen und in der Winter-Transferphase kampflos von Bord zu gehen.” Über sein Fußballerleben sagte Hernández einst: “Gegen Messi, Suarez oder Neymar zu spielen, das ist ein Kindheitstraum. Aber auf dem Feld gibt es keine Träume. Da ist Krieg.” Für Emotionen und Vereinsliebe ist da freilich wenig Platz.
Doch auch abseits des Platzes sorgt der Neu-Bayer für Widersprüche. Hernández ist mit Amelia verheiratet, mit der er seit 2018 einen Sohn hat. Im Februar 2017 verursachte das Paar einen Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt. Die Ermittlungen ergaben, dass an der Auseinandersetzung beide gleichermaßen beteiligt gewesen waren und verurteilte sich zu jeweils 31 Tagen gemeinnütziger Arbeit sowie einem Kontaktverbot von sechs Monaten. Vier Monate später läuteten bei dem Paar in Las Vegas die Hochzeitsglocken.
Der FC Bayern bekommt einen eiskalten und aggressiven Verteidiger. Inwieweit er das Münchner “Mia san mia”-Gefühl aber vorleben kann, bleibt abzuwarten.
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fwe/mit dpa
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