Reinhard Grindel steht vor dem Aus. Der DFB-Präsident wurde entlarvt – als Heuchler ohne Anstand; als Blender, der Wasser predigt, aber Wein säuft. Vor drei Jahren war er mit großen Versprechungen angetreten, wollte die Moral im größten Sportverband der Welt wiederherstellen und neue Werte etablieren. Nun steht er kurz vor seiner Absetzung und hinterlässt einen Scherbenhaufen. Denn Grindel hat auf vielen Ebenen versagt.
Jahrelang versuchte sich Grindel als großer Freund der Amateure, als Mann des Volkes zu positionieren. Es fiel schon immer schwer, ihm das wirklich abzunehmen, denn ein Hartplatzheld war Grindel nachweislich nie. Er war ein Funktionär, ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter. Einer, von dem keiner so genau wusste, warum ausgerechnet er es sein sollte, der den DFB seit 2016 anführen darf.
Grindel hat so gut wie nichts erreicht
Er wird (und darf sich) auf die Fahnen schreiben, dass die EM 2024 in Deutschland stattfinden wird. Auch wenn man sich ein wenig schwer tut, das mit Begeisterung aufzunehmen. Allein schon deshalb, weil man weiß, was Jahre nach der Sommermärchen-WM 2006 ans Tageslicht kam.
Davon abgesehen hat Grindel in den vergangenen drei Jahren so gut wie nichts erreicht. Im Gegenteil. In seine Amtszeit fällt die schlechteste WM-Teilnahme eines deutschen Teams in der Fußballgeschichte – was das jämmerliche Bild inkludiert, das die Verbandsspitze bei der anschließenden Aufarbeitung des Desasters abgab.
Man konnte und kann an Grindel viele Dinge kritisieren: Seine Rolle in der Causa Özil. Seine (früheren) Aussagen zu Migration und Integration. Seine realitätsfernen Aussagen über Fans und Gewalt im Stadion. Sein Verhältnis zu Klubs, Verbänden und Würdenträgern. Seine Profillosigkeit.
Am allerschlimmsten jedoch ist, dass er ganz offensichtlich die Werte und Tugenden mit Füßen getreten hat, die er eigentlich etablieren wollte. Grindel wackelt nun bedenklich, weil das Bild des vermeintlich ehrlichen, rechtschaffenen Mannes wie eine Seifenblase zerplatzt: Nach Vorwürfen, dass der DFB-Präsident Zusatzeinkünfte über 78.000 Euro als Aufsichtsratschef der DFB-Medien Verwaltungs-Gesellschaft nicht publik gemacht haben soll, belasten ihn nun auch Medienberichte um eine geschenkte Luxus-Uhr. Nichts deutet darauf hin, dass Grindel noch lange DFB-Präsident sein wird. Denn er ist unter keinen Umständen mehr tragbar. Es hat sich, um es mit einem seit Monaten kursierenden Twitter-Hashtag zu sagen, #ausgegrindelt.
Der Nachfolger muss endlich mal aufräumen
Der DFB braucht nun eine schnelle, eine saubere und am besten eine prominente Lösung für die Verbandsspitze. Einen kreativen Kopf mit Profil. Einen mit Ecken und Kanten. Und vor allem: keinen klassischen Funktionär oder Politiker wie Grindel. Vielleicht wäre es in diesem Fall tatsächlich das Beste, einen ehemaligen Profi zu etablieren. Einen, der den Job nicht wegen der gesteigerten Wahrnehmung in der Öffentlichkeit machen, sondern aus Lust auf Veränderung übernehmen möchte. Und der immun gegen die finanziellen Verlockungen eines solchen Ehrenamtes ist – was bei ehemaligen Fußballern allein schon deshalb der Fall sein sollte, weil sie ohnehin schon genügend Geld verdient haben. Vor allem aber braucht der DFB eine Person, die sich endlich in den Kampf wirft, um beim DFB mal ordentlich aufzuräumen.
Die sieben Millionen Mitglieder des Verbands haben es nämlich verdient, endlich einen ehrlichen, aufrichtigen Präsidenten (oder natürlich auch eine Präsidentin) zu haben, der nicht zuerst an sich selbst denkt, sondern an das, was seine Mitglieder lieben: den Fußball.
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