Kritiker bemängeln, Wolodymyr Selenskij sei politisch unerfahren. Aber genau darin sieht er selbst sein Erfolgsrezept. Selenskij ist Social-Media-Profi. Für die Stichwahl in der zweiten Runde der ukrainischen Präsidentschaftswahl rühren er und sein Team die Werbetrommel vor allem online. Die erste Runde hatte er mit großem Abstand auf Amtsinhaber Poroschenko für sich entschieden. Über seine politischen Ziele ist wenig bekannt. Michael Federov ist Chef von Selenskijs Online-Team. “Unser Anspruch und unsere Hauptaufgabe ist es, anders als alle anderen zu sein. Wir wollen keine normalen Beiträge schreiben. Wir wollen nicht so sprechen, wie es alle Politiker tun. Davon wollen wir so weit wie möglich wegkommen.” Und das bedeutet: Selenskij im Fitnessstudio, Selenskij im Anzug. Selenskij spricht mit seinen Wählern. Amtsinhaber Poroschenko würde auch gern sprechen – und zwar mit Selenskij. “Wolodymyr Oleksandrovych, schon wieder muss ich zu dir über die Mattscheibe reden, statt in einem echten Gespräch. Du musst keine Angst haben. Debatten sind nicht gefährlich. Es ist eine ganz normale politische Tradition. Ich habe Herausforderungen immer angenommen. Nicht nur von politischen Gegnern, sondern auch von mächtigen Feinden. Ich schaute ihnen in die Augen. Denn das ist es was ein Präsident und Oberbefehlshaber können muss.” Selenskij sagte, er würde an einer Debatte teilnehmen – wenn sie im Stadion Olimpiyskiy stattfinden würde. Poroschenko war einverstanden. Und wartet seitdem auf Selenskij. Der forderte stattdessen erstmal einen Alkohol und Drogentest, und ließ sich in einem privaten Labor Blut abnehmen. “Sie haben alle möglichen Arten Blut aus mir herausgepumpt. Gottseihdank habe ich genug davon, junges Blut. Die Ergebnisse erhalten wir innerhalb von drei Tagen per E-Mail. Wir zeigen sie Ihnen. Alles ganz offiziell.” Poroschenko zog wieder nach und legte seinen Test gleich in den Mannschaftsräumen des Fußballstadions ab. Selenskij sei nicht gekommen, gab er zu Protokoll. Poroschenko ist vielleicht kein Social-Media-Profi – Nachrichtenprofi ist er aber allemal. Die Entscheidung im Schlagabtausch fällt in der Stichwahl am 21. April.
Credit: Source link