SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat laut einem Medienbericht bei Probeabstimmungen in den drei Parteigruppen am Mittwoch keine Mehrheit bekommen. Sowohl im konservativen Seeheimer Kreis als auch bei den Netzwerkern und den Parteilinken habe es “nicht annähernd eine Mehrheit für Nahles gegeben”, melden die Zeitungen der VRM-Gruppe unter Berufung auf Parteikreise. Es sei deshalb wahrscheinlich, dass sich bis zur festgesetzten Frist am Montag noch Konkurrenten für Nahles melden. Auch wenn Nahles ohne Gegenkandidaten ein sehr schwaches Ergebnis erhalte, sei sie wohl nicht zu halten.
Nach Informationen der Zeitungen gibt es zudem Überlegungen, den im Dezember geplanten Bundesparteitag vorzuziehen und noch vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, die am am 1. September stattfinden, abzuhalten.
Gibt Andrea Nahles bei Pleite auch SPD-Vorsitz auf?
Im Falle einer Niederlage bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands werde Nahles wahrscheinlich auch als SPD-Vorsitzende zurücktreten, meldet die “Bild”-Zeitung unter Berufung auf Vertraute der 48-Jährigen. Beide Ämter seien eindeutig miteinander verbunden. Als Parteichefin habe sie – ohne den Vorsitz in der Fraktion – “keinen Machthebel, kann nichts bewirken. Dass es nicht funktioniert, sieht man am Beispiel von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer”. Auch mehrere Teilnehmer der Fraktionssitzung am Mittwoch haben sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur entsprechend geäußert – ebenso Nahles selbst in kleinerer Runde.
Der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs erwartet dagegen eine Wiederwahl von Nahles. Es werde am kommenden Dienstag eine Kandidatin geben, und die werde auch gewählt werden, sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Sozialdemokraten sind in Zeiten der Krise solidarisch.” Mit einer Kampfabstimmung rechnet er nicht. “Wer sich hätte melden wollen, hätte das am Mittwoch tun können. Und meiner Meinung nach auch tun müssen.”
Nach dem Absturz bei den Wahlen zum EU-Parlament und in Bremen war eine Debatte um Nahles’ Rolle in der SPD entbrannt. Nahles forderte ihre Kritiker daraufhin auf, zur Klärung der Machtfrage gegen sie anzutreten. Der Fraktionsvorstand beschloss am Mittwoch, die eigentlich für September geplante Neuwahl vorzuziehen – genau wie Nahles vorgeschlagen hatte. Allerdings hat sich bis dato noch kein Gegenkandidat gefunden – unter anderen winkte der für den Posten gehandelte Ex-Parteichef Martin Schulz ab.
Lauterbach wirft Nahles-Kritikern Feigheit vor
Juso-Chef Kevin Kühnert sagte bei Phoenix, in den vergangenen Jahren sei in der SPD “schnappatmig” auf politische Entwicklungen reagiert worden. “Keine Partei sollte eigentlich besser als die SPD wissen, dass mit irgendwelchen schnell mal dahin gehauchten Personalwechseln sich rein gar nichts zum Besseren wendet.”
Fraktionsvize Karl Lauterbach warf Nahles’ Kritikern Feigheit vor. “Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es viele, die auch im Hintergrund mit der Presse sagen, Andrea Nahles sei nicht die richtige Fraktionsvorsitzende, gleichzeitig ist aber auch niemand bereit zu kandidieren. Das finde ich persönlich feige”, sagte er in Berlin.
Der Bundestagsabgeordnete Florian Post forderte die Fraktionschefin offen zum Rücktritt auf. “Nur weil es Andreas Kindheitstraum war, Führungspositionen in der SPD zu besetzen, darf sie jetzt nicht die ganze Partei in Geiselhaft nehmen”, sagte Post den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Er rechne fest damit, dass es eine Gegenkandidatur geben werde.
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