Sie wollten nach Ihrem Ausstieg aus der Politik “endlich ausschlafen” und Ihren Tag “selbst bestimmen”. Klappt das?
Leider wird mein Tag von vielen Krankheiten bestimmt, die ich so habe. Ich muss zu Ärzten, zur Physiotherapie. Aber ich kann endlich ausschlafen.
Auch im Fitnessstudio werden Sie angeblich gesehen …
Im Fitnessstudio werde ich freundlich geduldet. Ich bin für die Muskelpakete keine Konkurrenz. Aber in den letzten Monaten war ich nicht mehr dort. Ich war so schlecht zu Fuß, dass ich nicht aufs Laufband konnte. Doch jetzt will ich bald wieder loslegen.
Sie waren ja immer der Stachel im Fleisch Ihrer Partei, haben gegen den Bundeswehreinsatz im Kosovo und in Afghanistan protestiert. Glauben Sie, dass die Grünen froh sind, Sie los zu sein?
Christian Ströbele
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Nicht alle. Der Ströbele war nie so ein einsamer Wolf, wie er manchmal dargestellt wurde. Es gab immer sehr viele, die meiner Meinung waren. Und nach dem, was ich höre, bedauert man eher, dass ich weg bin.
Wie haben Sie als erklärter Kriegsgegner es eigentlich all die Jahre in dieser Partei ausgehalten?
Ich leide noch heute darunter, dass ich zu wenig gegen Kriegseinsätze getan habe. Für mich ist es ganz schrecklich, dass der Krieg in Afghanistan nach 18 Jahren noch andauert. Das habe ich damals nicht für möglich gehalten. Auch Schröder redete von sechs Monaten. Wenn ich jetzt alle Jahre wieder höre, dass der Bundeswehreinsatz verlängert wird, könnte ich verzweifeln. Die Situation dort wird immer schlimmer. Ich stelle traurig fest, dass ich recht gehabt habe.
Wollten Sie nicht ein Buch über die RAF schreiben?
Nein, ich wollte eine Biografie schreiben. Aber dazu bin ich bisher leider nicht gekommen. Ich schreibe im Moment eher kürzere Texte, Kommentare im Internet. Und ich habe einen Aufsatz über das NSU-Verfahren veröffentlicht.
Im Herbst 2017 hätten Sie gern die Eröffnungsrede als Alterspräsident im Bundestag gehalten. Daraus wurde nichts, weil Sie nicht mehr angetreten sind.
Ja, schade.
Was hätten Sie denn gesagt?
Ich hätte den Kollegen und Kolleginnen ins Gewissen geredet, dass sie ihren Job im Bundestag als unabhängige Abgeordnete, die keinerlei Zwängen, auch nicht Koalitionszwängen unterliegen, ernst nehmen. Früher war ich ein Gegner der parlamentarischen Demokratie, wollte eine Räterepublik. Inzwischen habe ich meine Meinung geändert. Wenn Abgeordnete wirklich unabhängig sind, ist die parlamentarische Demokratie das bessere System.
Sie arbeiten wieder als Anwalt. Wen vertreten Sie denn so?
Von Raub bis Mord ist alles dabei. So berate ich Verurteilte, die sich nicht damit abfinden wollen, dass sie im Gefängnis sitzen. Ich soll ihnen helfen rauszukommen.
Und was ist aus Ihrem Plan geworden, aufs Land zu ziehen?
Das mit dem Landleben ist leider eine Illusion geblieben. Ich hätte so gerne Schafe und Esel gehalten. Das muss ich mir jetzt fürs nächste Leben aufsparen.
Sie werden am 7. Juni 80. Feiern Sie?
Ich habe lange gezögert, weil es ja viel Vorbereitung braucht. Aber ich plane eine Bootsfahrt auf der Spree mit einem Solarboot.
Wer steht auf der Gästeliste?
Das verrate ich Ihnen nicht.
Das Gespräch wurde vor dem 7. Juni 2919, Ströbeles 80. Geburtstag, geführt.
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